Diese Frau ignorierte einen OkCupid-Typen, bis er sie unter falschen Vorwand anrief, was maximal creepy ist
„Er sagte, wir können mal unseren Enkelkindern davon erzählen.“
Ashley Winkler ist Designerin und arbeitet selbstständig.
Also war's erstmal nicht ungewöhnlich, als ein Mann sie mit einer unbekannten Nummer anrief, um mit ihr ein Projekt zu besprechen.
Ungewöhnlich seien allerdings die Fragen gewesen, die er irgendwann gestellt hat, wie zum Beispiel, ob ihr Freund kein Problem damit habe, wenn sie mit Geschäftspartnern telefoniert.
Auf Twitter berichtet sie, dass der Anrufer – Marcel – in Wahrheit jemand sei, der erfolglos versucht hatte, sie auf dem Datingportal OkCupid zu kontaktieren.
Dem Anschein nach fand er, er müsse eben auf andere Weise mit ihr in Kontakt treten ...
... und zwar unter falschem Vorwand.
Marcel fand's romantisch, sagt sie.
Winkler nicht.
Winkler schreibt, Marcel habe ihre Reaktion nicht verstehen können, zumal ihn der Anruf Überwindung gekostet hätte.
Der Designerin zufolge fand Marcel sein Vorgehen sehr rücksichtsvoll ...
... und bot ihr an, sich nochmal zu melden, wenn sie nicht mehr sauer ist.
Die Leute, die auf Winklers Thread reagieren, zeigen sich entsetzt.
Manche finden, sie hätte dem Anrufer keine Aufmerksamkeit schenken sollen.
Andere rieten ihr, sich an die Polizei zu wenden.
Im Telefonat mit BuzzFeed erklärt die Designerin, dass sie die Aktion zunächst nicht melden wird.
„Weil ich weiß, dass einfach nichts passieren wird, wenn ich zur Polizei gehe. Noch gibt es ja keinen Tatbestand.“ Außerdem sagt sie, dass es schnell heißen würde, sie solle besser darauf achtgeben, was sie im Internet preisgibt. Auch in den Kommentaren zu ihrem Thread tauche diese Kritik auf. Leute hätten geschrieben, sie solle sich besser absichern.
„Doch sich im Internet abzusichern bedeutet für Männer ein gutes Passwort zu haben. Für uns Frauen bedeutet das: veröffentliche keine Klarnamen, zeige keine Bilder, auf denen du zu erkennen bist, sage nicht, wo du arbeitest, poste keine Fotos aus deinem Wohnumfeld, damit niemand dich auffinden kann. Denn sonst bist du nämlich schuld. Du bist selber schuld, wenn du gestalkt wirst.“
Aber 40 Prozent ihrer Jobanfragen kämen über Twitter und Instagram. “Für mich bedeutet es also auch einen finanziellen Verlust, wenn ich meinen sozialen Netzwerken meinen Klarnamen vorenthalte“, so Winkler.
Geschockt sei sie von der Aktion nicht.
Männer, die sie von Tinder oder OkCupid kenne, hätten ihr schon auf Facebook, Instagram, Twitter oder LinkedIn geschrieben, sagt Winkler. Sie fände es problematisch, dass Stalking-Verhalten in der Popkultur romantisiert wird, sei es durch Filme wie Twilight und Shades of Grey oder die Netflix-Serie You. „Es herrscht diese Vorstellung, dass ein Nein nicht Nein bedeutet, sondern dass der Mann sich noch mehr ins Zeug legen muss und Frauen das dann ganz toll finden.“
Auch wenn der Tatbestand des Stalkings nicht gegeben sein mag, ist das Verhalten von Marcel zumindest auffällig. „Zu den Verhaltensmustern von Stalkern gehört die gedankliche und emotionale Fixierung auf eine Person“, erklärt Wolf Ortiz-Müller, Leiter der Beratungsstelle Stop Stalking Berlin, gegenüber BuzzFeed. Dadurch, dass wir im Netz so viel vom Leben anderer Leute erfahren können, entstehe bei manchen noch eher ein falscher Eindruck von Nähe, sagt er. Der Anrufer habe sich zumindest „neuer Formen der Auskundschaftung“ bedient. Stalking-Opfern empfiehlt er mit einer eindeutigen Aussage Grenzen zu ziehen, vielleicht auch vor Zeugen, und weitere Belästigungen detailliert zu dokumentieren.
Opfer müssen beweisen, dass ein Stalker sie in ihrer Lebensgestaltung beschränkt, denn das ist strafbar. Ein Gericht muss erkennen, dass die betroffene Person durch das Stalking nicht mehr so leben kann, wie sie möchte.