Diese Screenshots zeigen, worüber Rechtsextreme reden, wenn sie sich unbeobachtet fühlen
Wir haben wochenlang in rechten Telegram-Chats mitgelesen. Nach unserer Veröffentlichung wurden die Gruppen gelöscht – darum zeigen wir hier Screenshots daraus.
Darüber reden Rechtsextremisten: Einblicke in Chat-Gruppen aus 16 Bundesländern
Die Mitglieder der Gruppen waren misstrauisch und fürchteten, dass Menschen mitlesen könnten, die nicht zur rechten Szene gehören.
Andere wiesen darauf hin, dass man sich erst persönlich kennenlernen müsse, bevor man Vertrauliches in der Gruppe bespricht.
Bis dahin, so schrieben es die Gruppen-Admins immer wieder, solle man vorsichtig sein mit dem, was man schreibt.
Die Mitglieder zeigten offen, wie ausgeprägt ihr Ausländerhass ist.
Als im brandenburgischen Jüterborg ein Waldbrand außer Kontrolle zu geraten drohte, hatten einige Mitglieder der rechten Chatgruppe aus Brandenburg ganz eigene Vorstellungen, wie man damit umgehen solle.
Andere waren der Meinung, ihre Region leide unter einer Überfremdung und Deutschland sei ihnen keine Heimat mehr.
Das Resultat: Eine ausgeprägte Ablehnung des Staates und der Demokratie und die Idee, man müsse sich „unser Land“ zurückerobern – auch gewaltsam.
Hierfür, so hieß es in der Chat-Gruppe aus Nordrhein-Westfalen, brauche es wieder einen „Führer“.
Den jetzigen Staat und seine Institutionen lehnte die Gruppe als zu schwach ab.
Und so wandte man sich statt heutigen Parteien lieber Vorstellungen eines deutschen Reichs zu.
Oder widmete sich alter germanischer Mythologie, die mit quasi-religiösen Vorstellungen zu einem eigenen, geschlossenen Weltbild vermengt wird.
(Mit den Pfeilen durch die Screenshots blättern.)
Die Realität aber scheint anders auszusehen: Nachwuchs-Sorgen, zu wenige Mitstreiter und gefloppte Veranstaltungen...
In vielen Gruppen beschwerten sich die Mitglieder darüber, dass sich zu wenige Personen für Veranstaltungen, Demonstrationen und Aktionen engagieren.
Außerdem wurde beklagt, dass sich zu wenige junge Menschen überzeugen ließen.
Frühere Unterstützer seien weggezogen, in manchen Regionen finde man keine neuen Mitstreiter mehr, so dass man auf weiter entfernte Regionen ausweichen müsse.
Auch Motivation und Disziplin scheinen nachzulassen, so zumindest das Urteil einiger Mitglieder der Chatgruppe aus Hessen: „gibts Musik und saufen sind alle sofort da... ansonsten leere Hütte“.
Der „nationale Widerstand“ verstricke sich in Nebensächlichkeiten und sei nicht in der Lage, sich effektiv zu organisieren, befanden einige Mitglieder der Hamburger Chatgruppe.
Auch die Idee, regelmäßige Treffen in Form von Stammtischen zu realisieren, scheiterte häufig – beispielhaft hier in einer Unterhaltung aus der Hessen-Chatgruppe.
Man fand weder einen geeigneten Ort...
...noch konnte man sich auf Termine einigen, denn Familie und Beruf gehen vor – ein Problem, das viele der Mitglieder vor einigen Jahren noch nicht hatten.
Und so liefen die Bemühungen um regelmäßige Treffen oft ins Leere.
Eine der wichtigsten Funktionen der Chat-Gruppen war das Teilen von Hinweisen und Einladungen zu Veranstaltungen und Untergrund-Konzerten. Die Konzerte werden als „private Veranstaltung“ deklariert, Fotos, soziale Netzwerke und Öffentlichkeit sollen vermieden werden. Als Kommunikationskanal dient zunehmend auch der verschlüsselte Messenger „Threema“.
Rechtsrock-Bands nahmen eine zentrale Rolle ein und dienten als verbindende Klammer von verschiedenen Gruppierungen innerhalb der rechten Bewegung.
Mitunter ging es auch um die Planung symbolischer Aktionen.
Einem klaren Ziel folgten die Chat-Gruppen scheinbar nicht – primär ging es darum, Kontakte vor Ort zu finden.
Und darum, sich nach dem digitalen auch im analogen Raum zu treffen.
Die Chatgruppen wurden letztlich auch genutzt, um Spendenaufrufe zu verteilen und Solidaritätsaktionen zu koordinieren.
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