Dieser Honorarprofessor hielt eine sexistische Rede. Nun prüft die Uni Lübeck rechtliche Schritte.
Winfried Stöcker hatte in seiner Weihnachtsrede sexuelle Übergriffe verharmlost.
Der Lübecker Unternehmer, Winfried Stöcker, hat sich in einer Weihnachtsansprache abfällig über Betroffene sexueller Gewalt und die „MeToo”-Bewegung geäußert, sowie Journalisten und Feministinnen angegriffen. Stöcker hält auch eine Honorarprofessur an der Universität zu Lübeck.
Diese prüft nun, ob es rechtlich möglich ist ihm diesen Titel abzuerkennen. Der Ortsverband der Partei „Die Linke” hat Stöcker angezeigt. Er rufe zu Straftaten auf.
„Reihenweise treten angesehene Persönlichkeiten, Manager und Politiker zurück, weil sie angeblich in der Vergangenheit ihre Macht missbraucht und hübsche Mädchen dazu gebracht haben, für die Rolle in einem Film oder eine steile Karriere den Sündern gefällig zu sein”, so beginnt Stöcker seine Weihnachtsansprache.
„Die Mädchen könnten zurückhaltender gekleidet und weniger provozierend zum Casting gehen, dass die armen Regisseure auf dem Pfad der Tugend bleiben”, so Stöcker weiter. Es sei anzunehmen, dass „vorwiegend diejenigen unserer Gesellschaft so erbost und hysterisch aufschreien, die von der Natur optisch weniger vorteilhaft ausgestattet worden sind.”
Winfried Stöcker, Gründer und Leiter des Medizinunternehmens Euroimmun, hielt diese Rede bei einem Weihnachtskonzert für seine Mitarbeiter in der Jakobikirche. Später veröffentlichte er die Rede auch auf seinem Blog, wo sie noch immer zu lesen ist und neben Beiträgen wie „Shut up Linke”, aber auch Rezepten für Gebäck und Marmelade steht.
Die Universität Lübeck prüft nun, ob es rechtlich möglich ist, Stöcker die Honorarprofessur abzuerkennen.
Die Präsidentin der Universität, Gabriele Gillessen-Kaesbach, ließ BuzzFeed News gegenüber mitteilen: „Die Äußerungen sind empörend und völlig inakzeptabel. Es ist bedauerlich und beschämend, zu sehen, wie sich ein ehemals verdienter Firmengründer öffentlich disqualifiziert. Bezüglich einer möglichen Aberkennung des Titels Honorarprofessor prüfen wir derzeit die rechtliche Situation und beraten im Präsidium unser weiteres Vorgehen.“
Der Lübecker Ortsverband der Partei „Die Linke” hatte am Montag Strafanzeige gegen Stöcker gestellt und Bürger und Bürgerinnen dazu aufgerufen, dies ebenfalls zu tun. In diesem Absatz der Rede sieht die Partei einen Straftatbestand erfüllt:
„Und jetzt ein Aufruf an Euch Kollegen, die noch auf der Suche sind: Wir haben so viele nette Jungs und Mädchen in der Firma, geht ran, egal ob Ihr Vorgesetzte seid oder nicht, es kommt nur darauf an, dass Ihr das Mädchen oder den Jungen liebt. Und zeugt viele Kinder, dass wir dem mutwillig herbeigeführten, sinnlosen Ansturm unberechtigter Asylanten etwas entgegensetzen können. Unser Kindergarten steht Euch offen.”
„Nicht genug, dass Herr Stöcker in seiner Rede sexuelle Übergriffe verharmlost und die Opfer verhöhnt, er fordert seine männlichen Mitarbeiter darüber hinaus nahezu auf, „ran zu gehen” und sich die Frau, die sie wollen, einfach zu nehmen”, so Katjana Zunft, Vorsitzende der Lübecker Linken in einer Stellungnahme. Damit fordere der Unternehmer zu einer Straftat auf und stifte zu sexueller Nötigung, sexueller Belästigung und möglicherweise sogar Vergewaltigung an, so Zunft.
„Männer sind keine triebgesteuerten Wesen, sondern die meisten können sehr wohl zwischen Liebe und Nötigung unterscheiden und respektieren Frauen. Die Ansichten Herrn Stöckers verletzten deshalb auch mich”, so Ragnar Lüttke, Bürgerschaftsabgeordneter der Lübecker Linken. Bereits am vergangenen Wochenende hatte das Lübecker Women's March Bündnis zu einer Demonstration gegen Stöckers Rede aufgerufen.
Winfried Stöcker, Mediziner und Unternehmer, leitet Euroimmun, ein Unternehmen für Labordiagnostik. Er ist außerdem Investor des Lübecker Flughafens und seit 2011 Honorarprofessor an der Universität zu Lübeck, an der er bis 1991 das Labor für Autoimmundiagnostik leitete.
Stöckers Äußerungen hatte bereits in der Vergangenheit immer wieder für Diskussionen gesorgt. Schon 2014 forderte der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) ihm die Honorarprofessur zu entziehen.
Damals hatte der Unternehmer in einem Interview mit der „Sächsischen Zeitung” Flüchtlinge als „reisefreudige Afrikaner” und „Neger” bezeichnet. Ausländer hätten „kein Recht sich in „Deutschland festzusetzen”, so Stöcker weiter. Gleichzeitig gab er an, dass in seinem Unternehmen Menschen aus 50 Nationen beschäftigt seien. Hintergrund des Interviews war, dass Stöckers ein Verbot für ein Benefizkonzert für Flüchtlinge in seinem Kaufhaus ausgesprochen hatte.
Laut Kanzler der Universität war ein Entzug der Honorarprofessur damals rechtlich nicht möglich. Die Staatsanwaltschaft Görlitz hatte zunächst gegen Stöcker wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt, stellte die Ermittlungen aber bald darauf wieder ein. Stöcker entschuldigte sich später schriftlich für seine Äußerungen. Sein „Vokabular sei nicht mehr zeitgemäß” schrieb er unter anderem.
BuzzFeed News hat Winfried Stöcker für eine Stellungnahme angefragt, die wir gegebenenfalls hier nachtragen werden.