Er hat seinen Vater verloren und nun die Sätze aufgeschrieben, die Halbwaisen richtig wütend machen
„Du warst eh eher ein Mutter-Kind oder?”
Als Julian Janssen mit seinem Vater abends Fußball schaut und Pizza isst, ahnt er noch nicht, dass das ihr letzter gemeinsamer Abend sein wird. Ein Abschied ohne Abschied. Am nächsten Tag geht alles ganz schnell.
Julians Vater ist Kapitän und steht am Ruder der Santa Monika 2, mit der er oft im Ruhrgebiet unterwegs ist. Er bittet einen Kollegen darum, das Ruder zu übernehmen und verlässt die Brücke. Als Julians Vater nicht mehr auftaucht, werden die Kollegen skeptisch, suchen auf dem Schiff nach ihm, finden ihn auf der Toilette, leblos. Herzinfarkt.
Julians bekommt einen Anruf von seinem Bruder. „Julian, setz dich mal hin. Vater ist tot.”
„Da bricht einem die gesamte Welt zusammen”, sagt Julian heute, zehn Jahre später, wenn er über diesen Moment nachdenkt. Und den Tod seines Vaters denkt er bis heute ständig – auch weil er von Fremden immer wieder daran erinnert wird.
Julian kann besser mit Menschen, weniger gut mit Schiffen. Ganz Im Gegensatz zu seinem Bruder und seinem Vater. Kurz nach dem Tod seines Vaters fängt er an, Jura zu studieren und sich in der Lokalpolitik zu engagieren. Er wird stellvertretender Vorsitzender der SPD Herringen und dort Bürgervertreter im Umweltausschuss.
Aber Julian hadert mit seinem Jura-Studium und besteht sein Staatsexamen nicht. Auf einer SPD-Veranstaltung trifft er kurz darauf eine Frau, die seinen Vater kannte. „Sei froh, dass dein Vater nicht mitbekommen hat, dass du dein Jura-Studium abgebrochen hast.” Julian ist sprachlos. „Hat sie das wirklich gerade gesagt?”, fragt er sich oft danach, als er die Situation nochmal im Kopf durchgeht.
Es sind Sätze wie dieser, die Julian immer häufiger auffallen, die ihn sprachlos zurücklassen, die ihm immer wieder zeigen, wie leicht ihn Menschen verletzen können, wenn sie unsensibel über seinen Vater reden. Julian sammelt diese Sätze und schreibt sie auf.
„Natürlich sollen mich diese Sätze trösten, das verstehe ich auch. Aber Fremde können oft einfach nicht nachvollziehen, wie das ist, wenn man seinen Vater verliert. Ich würde mir wünschen, dass Menschen mehr zuhören”, sagte Julian in einem Telefonat mit BuzzFeed News.
„Ich bin morgens aufgewacht und dachte, das musst du jetzt mal aufschreiben. Und ich hätte nie gedacht, dass es einen solchen Nerv trifft.” Auf Twitter drücken viele ihr Beileid aus, schämen sich für andere oder schicken ihm einfach nur Kraft und Liebe. Julian sagte BuzzFeed News, dass er dutzende Privatnachrichten bekommen habe, in denen ihm völlige fremde Menschen geschrieben hätten, dass es ihnen auch so gehe. „Da merkst du, dass du nicht alleine bist.”
Julians Familie gibt ihm Kraft. Sein Bruder arbeitet schon länger in der Schifffahrt, jetzt hat auch Julian die Ausbildung zum Kapitän begonnen. Als Schifffahrtsmatrose sammelt er die nötigen Fahrstunden, die er braucht, um es irgendwann seinem Vater nachzutun.
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