Für den nun vorgestellten Zwischenbericht des Forschungsprojekts „Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamte“ wurden die Schilderungen von 3.375 Menschen ausgewertet, die eigene Erfahrungen mit ihrer Ansicht nach rechtswidriger Polizeigewalt gemacht haben. In einem zweiten Teil werden diese Ergebnisse mit Experteninterviews abgeglichen. Der Abschlussbericht soll dann im Jahr 2020 vorliegen.
Die Studie wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert und an der Ruhr-Universität Bochum durchgeführt. Ihre Ergebnisse waren mit Spannung erwartet worden, da eine derart umfangreiche Untersuchung des sogenannten Dunkelfelds für unrechtmäßige Polizeigewalt für Deutschland bislang fehlt.
BuzzFeed News lag der Zwischenbericht vorab vor – wir fassen die Ergebnisse im folgenden zusammen:
Von den 3.375 Teilnehmern der Studie gaben 71 Prozent an, durch polizeilichen Gewalteinsatz körperliche Verletzungen davongetragen zu haben. In 27 Prozent dieser Fälle waren das schwerwiegende Verletzungen.
Die häufigsten Verletzungen waren dabei Prellungen und Blutergüsse (81 Prozent), Hautverletzungen und Abschürfungen (67 Prozent) und Reizungen der Augen, Nasen- oder Mundhöhle durch Pfefferspray (43 Prozent).
Die Menschen konnten darüber hinaus Verletzungen eintragen, die nicht als Vorschlag gegeben waren. Genannt wurden dort beispielsweise: Nervenschäden, Kehlkopfquetschungen durch Strangulation, Bisswunden, Schädel-Hirn-Traumata, Schädelrisse oder dauerhafte Atembeschwerden.
Sehr häufig genannt wurden: Schmerzgriffe (zum Beispiel Griffe in Auge und Nase) zu Boden bringen oder auf den Boden drücken oder das Verdrehen von Gliedmaßen oder Gelenken.
Häufig nannten die Teilnehmer: Schubsen oder Festhalten, Schläge oder Tritte, Schlagstock, Fesseln oder Fixieren und Pfefferspray.
Außerdem wurden von den Betroffenen geschildert: Das Ausreißen von Haaren, dass sie geworfen oder fallengelassen wurden, Kopfnüsse, Polizeihunde (Bisse) und Polizeipferde (Tritte) sowie verbale Gewalt wie Beleidigungen und Bedrohungen.
Nach der Dauer des Heilungsprozesses gefragt ergab sich folgendes Bild:
Einige Stunden lang verletzt waren nur elf Prozent. Einige Wochen lang dauerte die Verletzung bei 24 Prozent, bei sieben Prozent sogar noch länger. Vier Prozent der Teilnehmer gaben an, bleibende Schäden zurückbehalten zu haben.
Ähnlich war das Bild bei den Schmerzen, die die Menschen hatten: Rund 14 Prozent berichteten von leichten Schmerzen, aber ganze 63 Prozent erinnern sich an stärkere bis starke Schmerzen. Sehr stark oder unerträglich nannten ihre Schmerzen 22 Prozent der Teilnehmer.
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Außerhalb von Großveranstaltungen oder Fußballspielen entstehen häufiger schwereren Verletzungen, wenn es zu Gewalt durch Polizeibeamte kommt.
Nur rund 19 Prozent der Menschen sagten, sie hätten nach dem Vorfall an sich selbst keine Veränderungen beobachtet.
Hingegen erklärten 80 Prozent, dass sie seit dem Vorfall Wut, Angst oder Unwohlsein beim Anblick von Polizei verspüren. Knapp 70 Prozent gaben an, sie hätten an sich eine höhere Wachsamkeit beobachtet und 55 Prozent sagten, sie mieden fortan ähnliche Situationen.
45 Prozent berichteten von Angst, Schreckhaftigkeit oder größerer Reizbarkeit und gut ein Drittel von Schlafstörungen und Freudlosigkeit.
Nur 2 Prozent gaben an, gar nicht mehr an das Erlebte zu denken.
In der Gruppe Fußball und Großveranstaltungen waren die psychischen Folgen deutlich geringer ausgeprägt.
Nur 9 Prozent der Befragten haben sich für eine Anzeige entschieden.
Die häufigsten Gründe, warum sich Menschen gegen eine Anzeige entschieden haben, waren dabei diese:
- sie gingen von einer Erfolglosigkeit des Verfahrens aus
- sie hatten Angst vor Gegenanzeige
- sie glaubten, der einzelne Polizist könne nicht identifiziert und die Tat damit nicht zweifelsfrei bewiesen werden
- ihnen wurde von Familie, Freunden, einem Anwalt oder einer Beratungsstelle davon abgeraten
Die häufigsten Gründe, warum sich für eine Anzeige entschieden wurden, waren hingegen diese:
- der Wunsch, dass so etwas nicht wieder passiert
- der Wunsch nach Bestrafung der Beamten
- die Hoffnung, dass der Fall in die Statistik eingeht
Vereinzelt wurde auch der Wunsch nach dem Herstellen von Gerechtigkeit genannt. Keine Rolle spielte hingegen der Wunsch nach einem finanziellen Ausgleich.
Sowohl die Angst, dass einem als Betroffenen nicht geglaubt würde, wie auch die Angst vor der Polizei und die Tatsache, dass einem von einer Anzeige abgeraten wurde waren außerhalb von Großveranstaltungen höher ausgeprägt. Bei Demonstrationen und politischen Veranstaltungen hingegen war die Sorge vor Gegenanzeigen größer.
439 Fälle von den 3.375 berichteten mündeten in ein Strafverfahren, das sind 13 Prozent. In 80 Prozent der geschilderten Fälle konnten sich die Befragten jedoch nicht daran erinnern, dass ein solches Verfahren eingeleitet worden wäre.
Von den so eingeleiteten Strafverfahren wurden 87 Prozent wegen Körperverletzung im Amt geführt und vier Prozent wegen Nötigung oder Amtsmissbrauch.
In 33 Prozent der Fälle zeigten die Befragten selbst an, in 39 Prozent ihr Anwalt und in 20 Prozent eine andere Person. Nur in 5 Prozent der Fälle wurde von Amts wegen ermittelt und in gerade einmal sechs Fällen, weil ein anderer Polizist angezeigt hatte.
Die Beweissituation war dabei so, dass in 74 Prozent der Verfahren auf Zeugenaussagen und bei 63 Prozent auf ärztliche Befunde zurückgegriffen werden konnten.
Videomaterial hingegen half nur selten: In 38 Prozent der Fälle gab es private Aufnahmen und in 24 Prozent der Fälle Videoaufnahmen der Polizei. In neun Fällen sagten die Betroffenen, dass vorhandenes Videomaterial nichts genutzt habe. Sechsmal sei es von der Polizei gelöscht worden oder nicht auffindbar gewesen, in einem Fall seien Umstehende zur Löschung ihrer Aufnahmen aufgefordert worden.
Dass nur 13 Prozent angaben, es habe ein Strafverfahren gegeben, ist dabei ein Mittelwert, der auffälligen Schwankungen unterliegt: Wenn es sich nicht um eine Großveranstaltung handelt, gaben 22 Prozent die Existenz eines Ermittlungsverfahrens an, im Kontext von Demonstrationen oder politischen Aktionen sind es lediglich neun Prozent.
354 Personen gaben an, es sei ein Verfahren geführt worden und dazu gäbe es auch ein Ergebnis: Bei 93 Prozent lautete dieses Ergebnis, dass das Verfahren wegen körperlicher Gewaltanwendung eingestellt worden war.
Meist geschah dies wegen nicht hinreichenden Tatverdachts – und der häufigste Grund dafür war, dass der konkrete Beamte nicht identifiziert werden konnte.
Falls das Ermittlungsverfahren nicht eingestellt wurde, wurde nur in 6 Prozent der Fälle Anklage erhoben oder ein Strafbefehl erlassen. Von den 18 Fällen, die angeklagt wurden, sei es sieben Mal zu einer Verurteilung und sechs mal zu einem Freispruch gekommen.
Betrachtet man nur die Fälle, in denen das Strafverfahren schon beendet ist, sieht die Sache ähnlich aus. Hier endeten sieben Prozent der Verfahren mit Anklage oder Strafbefehl, in 69 Prozent der Fälle wurde wegen nicht hinreichendem Tatverdacht eingestellt.
Eher nein. Die Zahlen lassen sich mit der Staatsanwaltschaftsstatistik vergleichen – und da liegt die Einstellungsquote sogar noch höher: Nur 1,98 Prozent der Verfahren gegen Polizeibeamte wegen rechtswidriger Gewaltausübung wurden 2018 auch angeklagt (im Jahr davor waren es 1,97 Prozent) und 97,6 Prozent wurden eingestellt.
Zum Vergleich: Schaut man sich alle Delikte über die Gesamtbevölkerung hinweg an, so werden 64 Prozent der Verfahren eingestellt und in 24 Prozent Prozent der Fälle wird angeklagt – mehr als zehnmal so oft.
Auf die Frage, wo es zur Gewalt von Polizeibediensteten gegen sie kam, antworteten die Teilnehmer wie folgt:
- Demonstrationen und politische Aktionen: 55 Prozent
- Fußballspiele und Großveranstaltungen: 25 Prozent
- außerhalb größerer Veranstaltungen, also Kontrollen, Abschiebungen oder wenn man den Einsatz selbst nur beobachtet hat: 20 Prozent
Ein Fünftel der berichteten Fälle von Gewaltausübung soll sich im Polizeifahrzeug, auf der Polizeiwache oder im polizeilichen Gewahrsam abgespielt haben. Zwanzig Personen hatten außerdem angegeben, sie vorher seien freiwillig zur Polizei oder aufgefordert worden, dorthin zu kommen, und dort sei es dann zu Gewalt gekommen.
Die berichteten Fälle, so schreiben es die Studienautoren, sind so vielseitig, „dass der rechtswidrige polizeiliche Gewalteinsatz im Prinzip in jeder Einsatzsituation vorkommen kann“ und „auch zunächst unbeteiligte Personen“ zu den Opfern zählen können.
Interessantes Detail am Rande: Von Polizeigewalt Betroffene aus dem Feld der Demonstrationen oder politischen Aktionen beschrieben sich selbst zu 98 Prozent als politisch eher links oder links.
In 54 Prozent der Fälle hat es den Angaben der Studienteilnehmer zufolge keine zwei Minuten gedauert, ehe die Lage eskalierte und die Polizei Gewalt einsetzte.
In 20 Prozent der Fälle gab es gar keinen vorherigen Kontakt mit der Polizei und die Gewalt wurde unmittelbar angewendet – vor allem bei Großveranstaltungen war das der Fall.
Außerhalb von Großveranstaltungen kam es auch zu vergleichsweise längeren Eskalationsverläufen.
Besonderes Potential für Verletzungen besteht den Angaben der Teilnehmer zufolge beim Einkesseln und Umstellen von Menschengruppen sowie bei Festnahmen und Ingewahrsamnahmen.
Die Autoren schreiben, dass Problem könnte sechsmal größer sein als offiziell bekannt. Wie sie darauf kommen?
Um das zu verstehen, muss man zunächst den Unterschied von Hellfeld und Dunkelfeld kennen:
- Das Hellfeld sind all jene Fälle, die die Behörden kennen.
- Das Dunkelfeld steht dem Gegenüber und bezeichnet all die Fälle, die nicht bekannt geworden sind – zum Beispiel, weil es keine Anzeige oder kein Verfahren gab.
Im Dunkelfeld kann man also nur mit Verdachtsanalysen arbeiten. Wüsste man mehr darüber, wie ein Fall ausgegangen ist, wäre er ja im Hellfeld.
Für die Frage nach Polizeigewalt ist das Problem: sie wird in den amtlichen Statistiken nicht wirklich erhoben. Die beschreiben nur was eine Behörde bearbeitet hat – nicht, was daneben sonst noch so passiert ist. Was nie angezeigt oder ermittelt wurde, das bleibt im Dunkelfeld.
Für die aktuelle Studie sieht dieses Verhältnis so aus: Nur 13 Prozent der Fälle kamen ins Hellfeld der Behörden. Und damit wären im Dunkelfeld etwa sechsmal so viele Fälle.
Dabei ist es einerseits möglich, dass hier überdurchschnittlich viele Fälle enthalten sind, in denen kein Strafverfahren geführt wurde. Genauso gut könnte es aber auch andersherum sein.
Zwei Faktoren sprechen dafür, dass diese Schätzung nicht ganz daneben liegt:
a) Unter jenen Fällen, die in diese Studie eingegangen sind, wurde sogar nicht viel öfter angeklagt und viel seltener eingestellt, als das in den amtlichen Statistiken der Fall ist.
b) Jene Betroffene, die auch Anzeige erstattet haben, waren vermutlich auch eher bereit, auch den Fragebogen auszufüllen. Aber viele Leute haben aus Angst um ihre Anonymität in der Studie gar nicht erst mitgemachten, sind hier also noch gar nicht mitgezählt.
Ein weiteres Indiz, dass die Studie kein unwahrscheinliches Bild zeichnet: die Erledigung der Verfahren, also werden sie eingestellt, angeklagt und so weiter. Hier zeigt sich für die Fälle in der Studie ein ziemlich ähnliches Bild wie in den amtlichen Statistiken.
Die Schlussfolgerung: Damit sei „ist die Annahme nicht unbegründet dass der Studie auch für die Größe des Dunkelfeldes Anhaltspunkte entnommen werden können“ und es könne „bei aller gebotenen Vorsicht davon ausgegangen werden, dass das gesamte Dunkelfeld in diesem Deliktsbereich jedenfalls nicht erheblich viel kleiner ist als jenes im Sample der Studie“, schreiben die Studienautoren – und das bedeutet: im Verhältnis 1:6.
Zwar konnte man anonym teilnehmen, aber Angaben über sich selbst hinterlassen. Demzufolge zufolge zeichnet sich über die Teilnehmer folgendes Bild:
- Sie waren mit 72 Prozent überwiegend männlich
- Sie waren zum Zeitpunkt des Vorfalls im Schnitt 26 Jahre alt und damit eher jung
- Sie waren hoch gebildet: 71% hatten die Fachhochschul- oder Hochschulreife
- Sie hatten eher selten einen Migrationshintergrund: auf 16% traf das zu.
Theoretisch schon. Sehr wahrscheinlich ist das aber nicht. Das Team hat einerseits die Rückmeldungen bereinigt. Wo Widersprüche auftauchten, jemand zu schnell durch den Fragebogen klickte, wo viele Angaben fehlten oder jemand mit ziemlich extremen Werten auffiel, wurde dieser Fragebogen nicht berücksichtigt.
303 von 3.678 Teilnehmern wurden so ausgeschlossen.
Im Schnitt dauerte es außerdem ganze 39 Minuten, den Fragebogen auszufüllen. Wer also effektiv hätte täuschen wollen, hätte dafür ganz schön viel Zeit investieren müssen.
Weiterhin schreiben die Autoren: „Die Anonymität der Befragten ist ein grundlegendes forschungsethisches Prinzip, das bei Viktimisierungsbefragungen praktisch immer Grundlage des Studiendesigns ist. Eine Einschränkung dieses Prinzips der Anonymität hätte aller Voraussicht nach zu einer erheblich geringeren Zahl an Teilnehmenden und damit zu einer massiven Verzerrung der Stichprobe geführt.“
Gesucht wurden nur solche Fälle, bei denen die Betroffenen die ihnen widerfahrene Polizeigewalt als rechtswidrig empfanden. Im Fragebogen wurde auf den Unterschied zwischen rechtmäßiger und übermäßiger Polizeigewalt hingewiesen. Dazu schreiben die Autoren:
„In den geschilderten Fällen werden sich also „(...) auch solche Fälle finden, in denen die polizeiliche Gewaltausübung aus juristischer Sicht gerechtfertigt und daher rechtmäßig war. (...) Für die zentrale Frage, in welchen Situationen und aus welchen Gründen polizeiliche Gewaltanwendungen als unverhältnismäßig wahrgenommen werden, bedeutet dieser Umstand jedoch keine Einschränkungen. (...) Ziel einer solchen Viktimisierungsbefragung ist nicht die juristische Überprüfung jedes Einzelfalls.“
Wenn eine Studie repräsentativ sein soll, muss sie die Gesamtbevölkerung korrekt abbilden. Was das bedeutet, zeigt dieses Beispiel: Nehmen wir an, für eine Studie werden 1.000 Menschen befragt. Man könnte meinen, man müsste dafür 500 Frauen und 500 Männer fragen – aber das stimmt nicht. In Deutschland gibt es rund 42 Millionen Frauen und rund 41 Millionen Männer, also ein paar mehr Frauen als Männer. Will man eine repräsentative Studie machen, muss man dieses Verhältnis genau abbilden: Bei 1.000 Befragten müsste man also 507 Frauen fragen.
Das gleiche Prinzip wendet man für viele Faktoren an: Alter, Einkommen, Beruf, Bildungsgrad und so weiter. Für all diese Punkte müsste die Gruppe der Menschen, die befragt wurden, die Gesamtgesellschaft korrekt abbilden.
Das ist schon schwierig für Fragen, die alle Menschen betreffen: Wahlumfragen zum Beispiel. Hier aber ging es um eine Frage, die nicht alle betrifft. Gesucht wurden hier ja nur solche Menschen, die meinen, Opfer unrechtmäßiger Polizeigewalt geworden zu sein.
Zunächst hätte man also diese Menschen suchen müssen – und dann so viele von ihnen finden, bis die Studie repräsentativ ist. Das geht nicht. Einerseits ist es zu teuer. Andererseits gibt es Gruppen, die fast nie Polizeigewalt erleben (wohlhabende Rentner zum Beispiel) während andere Gruppen Polizeigewalt verhältnismäßig oft erleben. Manche dieser Gruppen sind von Wissenschaftlern, die Umfragen machen, aber nur schwer zu erreichen: Wohnungslose oder Menschen, die nicht deutsch sprechen zum Beispiel.
Ernst nehmen kann man die Ergebnisse diese Studie dennoch. Denn sie leuchten erstmals systematisch in ein Feld, das bislang in dieser Größenordnung nicht untersucht wurde. In der Studie heißt es dazu: „Die gefundenen Ergebnisse können daher nicht einfach verallgemeinert, also auf die Gesellschaft insgesamt übertragen werden. Allerdings lassen sich aus den Befunden durchaus Schlussfolgerungen für die Gesamtsituation ziehen.“
Das kommt auf die Perspektive an. Klar ist aber: Was wir wissen, bezieht sich fast ausschließlich auf das sogenannte Hellfeld:
- In der Polizeilichen Kriminalstatistik, denn sie ist eine sogenannte „Ausgangsstatistik“. Sie erfasst nur jene Verdachtsfälle, die von der Polizei bearbeitet und an die Staatsanwaltschaft übergeben wurden - das Dunkelfeld also nicht.
- Die Staatsanwaltschaftsstatistik tut das ebenfalls nicht, denn sie erhebt nur Angaben zu den erledigten Verfahren. Wie die Verfahren endeten – ob eingestellt, angeklagt, oder per Strafbefehl – steht dort nicht. Fälle, die nie angezeigt wurden, sind auch hier nicht erfasst.
- Das gleiche gilt für die Justizstatistik, zumal nur wenigsten Verfahren von den Staatsanwaltschaften angeklagt werden. Wenn doch, erfasst diese Statistik auf der Ebene der Amtsgerichte nur pauschal 'Verfahren gegen Polizeibedienstete', nicht aber, warum das Verfahren geführt wird - und ab dem Landgericht gibt es nur noch die Gruppe 'Straftaten von Amtsträgern', in der dann Lehrer, Richter, alle möglichen Beamte und eben auch Polizisten zusammengefasst sind. Auch hier lässt sich zum Dunkelfeld also nichts sagen.
Eine bundesweite Dunkelfeldforschung gibt in diesem Bereich nicht. So gab es zwar beispielsweise ein am BKA angesiedeltes Forschungsprojekt "Deutscher Viktimisierungssurvey 2017". Doch beschäftigt sich darin lediglich ein Frage mit unrechtmäßiger Polizeigewalt. Sie bittet Menschen, zu schätzen: „Wie häufig setzt die örtliche Polizei mehr Gewalt ein, als rechtlich oder situationsbedingt geboten wäre?“. Nach der Perspektive von Menschen, die sich als Opfer unrechtmäßiger Polizeigewalt fühlten, wurde dort nicht gefragt.