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- vonJuliane Löfflerschließen
Viele Menschen befürchten, dass nun die Verfahren mindestens genauso kompliziert und schikanierend ablaufen könnten, wie zuvor.
Seit Jahren warten trans Personen auf eine Reform des Transsexuellengesetzes. Immer wieder wurden Reformen angekündigt und wieder verschoben. Am Mittwoch wurde nun überraschend ein Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium und Bundesinnenministerium versendet.
Das Gesetz von 1981 gilt als veraltet und schikanierend. Die Hoffnung von trans Personen und Fachverbänden auf eine Reform war deshalb groß.
Der nun vorgelegte Gesetzentwurf, welcher von BuzzFeed News veröffentlicht wurde, ruft jedoch heftige Kritik und Enttäuschung hervor. Queerpolitische Bundestagspolitikerinnen und -politiker, trans Personen und Verbände hatten ein Selbstbestimmungsgesetz gefordert. Es solle von einer Person frei entschieden werden können, ob sie mit einem männlichen, weiblichen oder diversen Personenstandseintrag leben wolle.
Die #TSGReform aus den Häusern Seehofer/Barley schreibt die Bevormundung von Trans- und Intersexuellen fort. Wann hört endlich dieser Zwang auf, über Körper und Geschlecht bestimmen zu wollen?! Das kann nur jeder Mensch selber!
— Sven Lehmann MdB 🏳️🌈 (@svenlehmann) May 9, 2019
Doch in dem neuen Gesetzentwurf bleiben wesentliche Teile erhalten, die bereits zuvor kritisiert wurden. So müssen trans Personen etwa weiterhin ein amtliches Gerichtsverfahren durchlaufen, wenn sie ihr Geschlecht anerkennen lassen wollen und Gutachten durch Mediziner*innen vorlegen. Zudem werden die Regelungen für intersexuelle Menschen und trans Personen streng getrennt. Neu hinzu kommt hingegen, dass in den Verfahren auch Ehepartner*innen angehört werden müssen. Zudem beträgt die Frist, welche die Ministerien den Fachverbänden zur Stellungnahme einräumen, zwei Tage. Viele Menschen sind deshalb enttäuscht, wütend oder befürchten, dass nun die Verfahren mindestens genauso kompliziert und schikanierend ablaufen könnten, wie zuvor. Fachverbände und Oppositionspolitiker kritisierten den Entwurf, besondern emotional reagieren Menschen jedoch auf Twitter. Hier ist eine Auswahl der Reaktionen:
Menschen finden die geplanten Reformen bevormundend und rückständig.
#Geschlechtsidentitätsberatungsgesetz. Ich glaub, ich spinne.
— Anna Katharina Mangold (@feministconlaw) May 9, 2019
Wann, bitte, hört der deutsche Staat auf, Menschen in ihren intimsten Entscheidungen zu bevormunden?!
Ich möchte gerne in einem liberalen Staat leben. Und raufe mir die Haare vor Zorn! #TSG #TSGReform https://t.co/YlKZ3W3AfZ
„Es ist pervers, dass andere entscheiden dürfen wie man leben darf.“
Für mich ist die neue #TSGReform nichts weiter als reine Diskriminierung an einer Minderheit. Es werden betroffene Menschen komplett entmündigt. Mich macht das so wütend, dass das so geschehen darf. Es ist pervers, das andere entscheiden dürfen wie man leben darf.
— dat Bea (@Succy1285) May 9, 2019
Besonders trans Personen erklären auf Twitter, warum sie sich diskriminiert fühlen ...
Der Staat will uns durch die #TSGReform nur wieder einmal zeigen, wo unser "Platz" in der Gesellschaft zu sein hat.
— Herbstblätter (@DariuszTGY) May 9, 2019
Ausspielen von Privilegien und institutionelle Diskriminierung gegenüber trans, inter und nicht-binären Menschen.
... weil sie weiterhin beweisen müssen, wer sie als Person sind.
#TSGReform
— Herbstblätter (@DariuszTGY) May 9, 2019
Was ich ~nicht~ brauche:
- eine beratende Person, der ich ~beweisen~ muss, dass ich wirklich trans bin und wirklich ein Mann bin und dass sich das auch niemals ändern wird
4/4
Vom Gesetz Betroffene fühlen sich überhört und missachtet.
Diese #TSGReform ist nur zum heulen einfach.
— the wann and only Kay (Luxuswild) (@KayJay_enby) May 9, 2019
Das aller aller aller schlimmste ist, dass es WIEDER nur um die cis Psyche geht. Keine'r schert sich um die Folgen für Betroffene.
Das Verfahren wird weiterhin viel Geld, Nerven und Zeit kosten, befürchten sie.
Es bleibt bei der #TSGReform dabei dass trans Personen ein Gerichtsverfahren zur Namens-/Personenstandsänderung durchlaufen müssen, ein Antrag beim Standesamt genügt nicht.
— TanteTija* (@prinzwilli89) May 9, 2019
Damit bleibt es auch dabei, dass der Prozess Geld und Nerven kostet und elend lang ist.
Warum jetzt alles ganz schnell gehen soll, versteht eigentlich niemand ...
... vor allem weil viele Menschen seit Jahren auf eine Reform gewartet haben.
«Für die kürze der Frist bitten wir um Verständnis.»
— Bianca Kastl (@bkastl) May 9, 2019
Ähm. 😞 Jahre lang ist nichts passiert, und jetzt wird was innerhalb von Tagen zusammengewürfelt. Ohne sinnvolle Mitsprachefristen.
Wie Diskriminierung und Fremdbestimmung einfach weitergeht… https://t.co/kc0UKbAiAM
In den letzten Monaten nutzten deshalb viele trans Personen das viel einfachere Gesetz für eine sogenannte dritte Option. Das wird künftig kaum mehr möglich sein.
Trans Personen: "Das TSG ist diskriminierend!"
— that cat 🐈 (@gossengadse) May 9, 2019
BMI: "Lol wir werden es schon ändern ok wartet einfach bis 2022"
Trans Personen: *nutzen §45b PStG stattdessen*
BMI: "Scheiße... Jetzt werden trans Personen nicht mehr genug diskriminiert! Schnell, wir brauchen ein neues Gesetz!"
Dass nun auch Ehepartner*innen angehört werden müssen, empfinden viele Personen als besonders problematisch.
Was kommt als nächstes? Trans Personen müssen ihre Ehepartner_innen um Erlaubnis bitten, wenn sie ein Konto eröffnen oder arbeiten wollen? https://t.co/4u7RV2H5tB
— shmekeline (@shmontses) May 9, 2019
Sie finden es gefährlich ...
3) Damit kommen wir zu einer furchtbaren neuen Regelung: wenn du verheiratet bist, soll zusätzlich zu dir auch dein*e Ehepartner*in angehört werden.
— 💖 Maya the Dragon 💖 (@MayaMitKind) May 9, 2019
Das ist scheiß gefährlich. Es gibt Ehepartner*innen faktisch die Macht, das Verfahren scheitern zu lassen.
... weil sie Machtmissbrauch befürchten, erlebt oder davon gehört haben.
Ich kenne einige trans Personen, deren Ehepartner*innen auf ihr Coming Out extrem beschissen reagiert haben und versucht haben, sie zurück zu halten oder die Transition ganz zu verhindern. Auch mit maximal hässlichen Moves wie das Sorgerecht für gemeinsame Kinder entziehen wollen
— 💖 Maya the Dragon 💖 (@MayaMitKind) May 9, 2019
Ehepartner*innen dürfen auf einmal mitentscheiden ...
Wenn eine Person eine Beratungsbescheinigung hat und von sich selbst aussagt trans zu sein, aber Ehepartner*in einfach völlig abstreitet, dass das sein könne... wird das Gericht den Antrag dann wohl ablehnen. (Sonst hätte die Anhörung ja keinen Effekt)
— 💖 Maya the Dragon 💖 (@MayaMitKind) May 9, 2019
What the FUCK einfach.
... was als Druckmittel missbraucht werden kann.
In manchen Ländern (z.B.) gibt es ein offenes Vetorecht der Ehepartner*innen gegen die juristische Transition. Hier soll es nun heimlich eingeführt werden. Auch wenn es kein offizielles Vetorecht ist, wird es als starked Druckmittel genutzt werden können.
— 💖 Maya the Dragon 💖 (@MayaMitKind) May 9, 2019
Vor allem wegen...
„Das ist entwürdigend.“
#TSGReform
— Tessa Ganserer (@GansGruen) May 9, 2019
Das CIS-tem will weiter über mein Geschlecht bestimmen dürfen
und jetzt sollen Richter*innen auch noch die Ehepartner*innen anhören.
Hallo geht’s noch?
Warum nicht gleich alle bisherigen Sexpartner*innen?!
Das ist entwürdigend
Zudem sollen Personen nun nach einem abgelehnten Antrag eine Art dreijährige Sperrfrist erhalten. Für viele trans Personen ist das völlig unverständlich ...
4) Wird ein Antrag abgelehnt, darf erst 3 Jahre später ein neuer Antrag gestellt werden.
— 💖 Maya the Dragon 💖 (@MayaMitKind) May 9, 2019
DREI. JAHRE.
Das ist eine furchtbar lange Zeit, in der eine trans Person gezwungen wird, weiterhin unter falschem Namen und Geschlecht zu leben.
Das sind drei Jahre gestohlene Lebenszeit.
... weil es eine starke psychische Belastung sein kann.
Dem Gatekeeping wird durch diesen Passus eine so unfassbare Macht gegeben. Sie können dir für viele Jahre deine Zukunft verbauen.
— 💖 Maya the Dragon 💖 (@MayaMitKind) May 9, 2019
Ich habe keinen Zweifel, dass dies zu schweren psychischen Belastungen, Depressionen und ja, auch Suiziden führen wird.
Die Frist MUSS einfach weg!
Sie sehen schwarz.
CN: Suizid #TSGReform
— anna 🖤 emo-hoe-hoe (@schnannanas) May 9, 2019
ich hatte schon vor den Gutachten Panikattacken, aber mit dem Gedanken, dass eine ablehnung ALLES um 3 Jahre verzögert, sehe ich schwarz. dieses gesetz hat großes Potential zu töten. Wir brauchen einen zu 100% selbstbestimmten eintrag ohne Richter
In einigen Punkten macht der Gesetzentwurf es also noch schwieriger, als zuvor.
Ich freu mich schon drauf, wenn TS 3 Jahre warten müssen, weil irgendwelche Gutachten aus Sicht des Gerichts veraltet sind. Einfach erbärmlich, absolute Verschlimmbesserung
— Jessica F. (@footballjessy) May 9, 2019
Deshalb fühlen sie sich schlicht unverstanden und zweifeln die Kompetenz der Verantwortlichen.
Es liest sich als hätten die Verantwortlichen nicht nur nie ein Wort mit trans Personen gewechselt, sondern auch keinerlei Experten hinzugezogen. Jeder Arzt im Gebiet wird die Hände überm Kopf zusammenschlagen.
— AlMature Ersnusmus (@SamaelFalkner) May 9, 2019
Das einzig Positive für viele LGBT*s und Allies: Sie halten zusammen und versuchen, sich gegenseitig zu unterstützen.
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