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Verwaltungsgericht entscheidet nach BuzzFeed-Klage: KfW ist eine Behörde und fällt unter das IFG

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Von: Marcus Engert

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BuzzFeed News hatte die bundeseigene Förderbank verklagt, weil sie Dokumente nach dem Informationsfreiheitsgesetz nicht herausgeben will.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat infolge einer Klage von BuzzFeed News Deutschland entschieden, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) eine Behörde ist. Damit fällt die KfW unter das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und kann sich nicht länger pauschal weigern, Dokumente herauszugeben.

BuzzFeed News hatte die KfW verklagt, weil diese Unterlagen zur Finanzierung des Nationalparks Salonga nicht herausgeben wollte. In dem vom WWF geführten, kongolesischen Park sollen Parkwächter an der indigenen Bevölkerung Massenvergewaltigungen, Folter, brutale Gewalt, illegale Inhaftierungen und sogar Tötungen verübt haben. Die Bundesrepublik Deutschland ist über die KfW einer der Hauptfinanzierer von Salonga.

Eine jahrelange Recherche von BuzzFeed News hatte eine internationale Debatte über den Umgang des WWF mit Menschenrechtsverletzungen ausgelöst. In Großbritannien und den USA wird geprüft, dem WWF staatliche Unterstützung zu entziehen. Der bekannte britische Abenteurer Ben Fogle legte seine Position als WWF-Botschafter nieder. Sowohl in Deutschland als auch international hat der WWF eigene Untersuchungen der Vorwürfe in Auftrag gegeben.

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BuzzFeed News hatte zunächst bei der KfW die Herausgabe von Dokumenten beantragt, die sich auf Salonga beziehen, und sich dabei auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) bezogen. Das IFG erlaubt es jedermann, Unterlagen von Behörden zu bekommen. Enthalten die Dokumente personenbezogene Daten, Geschäftsgeheimnisse oder Informationen, die die Sicherheitsinteressen des Staates berühren, können diese Teile geschwärzt werden.

Die KfW hatte unseren Antrag abgelehnt mit der Begründung, sie sei gar keine Behörde: Wenn Sie im Auftrag der Bundesregierung mit Geld aus Steuermitteln Nationalparks finanziere, dann tue sie das rein privatwirtschaftlich, so die KfW.

Dagegen ist BuzzFeed News juristisch vorgegangen und zwar auf zwei Wegen: In der Hauptsache wollen wir von einem Gericht feststellen lassen, dass die KfW durchaus eine Behörde ist oder mindestens wie eine handelt, und dass sie darum die Unterlagen herausgeben muss. Da sich ein solches verwaltungsrechtliches Verfahren über Jahre hinziehen kann, haben wir zusätzlich beantragt, die KfW bereits jetzt in einem Eilverfahren sofort zur Herausgabe der konkreten Unterlagen zu verpflichten, die wir angefordert hatten.

Die Aufklärung der Vorwürfe kann nicht jahrelang warten

BuzzFeed News hatte argumentiert, die Eilbedürftigkeit bestehe, weil die Aufklärung der aktuellen Vorwürfe nicht jahrelang warten könne. Es stehen schwerste Menschenrechtsverletzungen im Raum und die Gefahr, dass diese bis heute anhalten. Deutsche Steuermittel wurden zur Finanzierung von Salonga eingesetzt. Auch die Spender des WWF haben ein Anrecht darauf, zeitnah zu erfahren, wie ihre Gelder eingesetzt werden. An all diesen Fragen habe die Öffentlichkeit ein gesteigertes Aufklärungsinteresse und sie habe es jetzt.

Die KfW hingegen hatte über die Kanzlei „Redeker Sellner Dahs“ gegenüber dem Gericht erklärt, sie finanziere den Nationalpark Salonga aus deutschen Steuermitteln rein privat und sei daher keine Behörde. Würden die beantragten Dokumente herausgegeben, könnten andere Naturschutz-NGOs mit dem darin enthaltenen Wissen dem WWF Konkurrenz machen. Außerdem bestünde die Gefahr, Gerichtsverfahren gegen die beschuldigten Ranger könnten beeinflusst werden.

Schnelle Dokumente? Nein. Behörde? Ja!

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat nun in einem Beschluss unseren Eilantrag abgewiesen. Nach Ansicht der Frankfurter Richter läge eine unzulässige „Vorwegnahme der Hauptsache“ vor, wenn die KfW schon jetzt, im Eilverfahren, die Unterlagen herausgeben müsste. Von einer solchen Vorwegnahme der Hauptsache sprechen Juristen immer dann, wenn in einem Eilverfahren schon Tatsachen geschaffen werden, die eine Klärung der eigentlichen Frage, der Hauptsache, unnötig machen.

Gleichwohl machten die Richter in ihrem Beschluss allerdings eine weitreichende Feststellung: Sie erklärten, dass unser IFG-Antrag zulässig war, da es sich bei der KfW um „eine Behörde im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG handelt. Das Gesetz legt keinen organisationsrechtlichen, sondern einen funktionellen Behördenbegriff zugrunde. Eine Behörde ist demnach jede Stelle im Sinne einer eigenständigen Organisationseinheit, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt.“

Damit kann die KfW fortan nicht mehr pauschal alle IFG-Anträge ablehnen, sagt Christoph-David Munding, der als Rechtsanwalt in der Kanzlei RAUE BuzzFeed News in dem Verfahren vertritt: „Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat zwar die Anträge auf Zugang zu den betroffenen Unterlagen zurückgewiesen, weil es die damit verbundene Vorwegnahme der Hauptsache für unzulässig hält. Das Verwaltungsgericht hat aber mit erfreulicher Klarheit festgestellt, dass die KfW Bankengruppe eine Behörde im Sinne des § 1 Informationsgesetz ist und damit grundsätzlich verpflichtet ist, jedermann Zugang zu ihren amtlichen Informationen und Unterlagen zu gewähren.“

BuzzFeed News recherchiert weiter zu den Vorwürfen und hätte sich hierfür gern auch zeitnah auf Dokumente und Unterlagen gestützt, die bei der KfW mit den Geldern deutscher Steuerzahler erstellt wurden. Da allerdings auch ein Widerspruchsverfahren mit erheblichen Kosten verbunden sein kann, haben wir uns entschieden, keinen Widerspruch einzulegen und den Beschluss rechtskräftig werden zu lassen.

Damit kann sich fortan Jedermann auf eine richterliche Feststellung stützen, wenn ein IFG-Antrag an die KfW gestellt werden soll.

Die Herausgabe der Dokumente verfolgen wir nach wie vor, unsere Klage in der Hauptsache läuft weiter. Eine Entscheidung darüber wird nun aber deutlich länger auf sich warten lassen.

Hier lesen: Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main in voller Länge

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