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Wegen dieser Strafanzeige gerät Ex-FPÖ-Chef Strache unter Druck

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Von: Marcus Engert

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Österreichs Ex-Vizekanzler soll lange vor dem „Ibiza-Video“ Bestechungsgelder angenommen haben. Der streitet alles ab. Wir veröffentlichen die Anzeige, die das behauptet, in voller Länge.

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© Michael Gruber / Getty Images

+++ UPDATE (25. September, 16 Uhr): Heinz-Christian Strache meldete sich am Mittwoch mit einem ausführlichen Statement auf Facebook zu Wort. Er bestreitet darin, dass die in der Anzeige erhobenen Vorwürfe zutreffen und kündigte an, gegen die Berichterstattung darüber vorgehen zu wollen. +++

Der ehemalige österreichische Vize-Kanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat womöglich schon Jahre vor dem sogenannten „Ibiza-Video“ Bestechungsgelder angenommen. Dieser Vorwurf wird in einer Anzeige an die Wiener Staatsanwaltschaft erhoben, die BuzzFeed News an dieser Stelle exklusiv veröffentlicht.

Darin erklärt ein anonymer Informant, ihm lägen Fotos, Screenshots, Rechnungsbelege und dazugehörige Aussagen vor. Diese würden „starke Anhaltspunkte dafür ergeben, dass HC Strache und sein Umfeld lange vor der 'Ibiza-Affäre' in strafbare Handlungen verwickelt waren.“

So solle es Fotos geben, die eine Sporttasche mit größeren Mengen Bargeld in einem Kofferraum mit Kleidung zeigen. Das belastende Material soll von einem FPÖ-Insider stammen, heißt es in der Anzeige. Dieser belastet Strache schwer. So heißt es in der Anzeige:

„HC Strache hat bereits vor 2015 regelmäßig Sporttaschen mit hohen Summen Bargeld erhalten. Der FPÖ-Insider berichtete über Kräfte aus dem osteuropäischen Ausland hinter den Zuwendungen.“ Dahinter steckten ukrainische oder russische Geschäftsleute, auch staatlich Akteure könne er nicht ausschließen: „Der FPÖ-Insider soll zudem ausgesagt haben, dass diese Zahlungen regelmäßig stattfanden und auch fortgeführt wurden als HC Strache bereits ein Ministeramt inne hatte“

Der Verdacht liege nahe, so der Informant weiter, dass sich Strache und Personen in seinem Umfeld Privatausgaben durch die FPÖ missbräuchlich hätten bezahlen lassen. Zudem hätten sie „im großen Umfang verbotene Zuwendungen von Dritten erhalten“.

Der „Soko Ibiza“ sollen die Materialien bekannt gewesen sein

Darüber hinaus soll es Screenshots von SMS geben, die Strache mutmaßlich an eine weitere Person geschickt habe und in denen es um die Beschaffung von Drogen gehen könnte, so der Informant.

Die Staatsanwaltschaft Wien erklärte auf Anfrage, man könne zu dem Vorgang keinerlei Kommentare abgeben, da es sich um eine Verschlusssache und um ein laufendes Verfahren handele. Heinz-Christian Strache und sein Anwalt haben sich auf Anfrage von BuzzFeed News bislang nicht geäußert. Gegenüber Der Presse und dem Standard wies Strache alle Vorwürfe zurück und bestand darauf, stets korrekt gehandelt zu haben. Er habe alle Spesen und Sachleistungen stets ordnungsgemüß abgerechnet und werde zum Opfer einer „Schmutzkübelkampagne“ gemacht.

Neben Strache persönlich richtet sich die Anzeige auch gegen die Partei FPÖ, deren Landesgruppe Wien und den FPÖ-Parlamentsklub, also der Fraktion der FPÖ-Abgeordneten. Ihnen allen werden darin Untreue, Geschenkannahme durch Machthaber und ein Verstoß gegen das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz vorgeworfen.

Der Anzeigensteller behauptet außerdem, dem Leiter der „Soko Ibiza“ sollen die Materialien und möglicherweise auch die Quelle bereits seit einiger Zeit bekannt sein. Trotzdem habe es keine ersichtlichen Ermittlungen diesbezüglich gegeben. Daher sehe er sich nun, wenige Tage vor der Nationalratswahl in Österreich, zu der Anzeige genötigt.

Die Strafanzeige gegen Heinz-Christian Strache und die FPÖ in voller Länge

BuzzFeed News veröffentlicht die Anzeige und die Rückmeldung der Wiener Korruptions-Staatsanwaltschaft hier in voller Länge. Die Dokumente wurden unserer Redaktion unter der Zusicherung der Vertraulichkeit übergeben. Ihre Herkunft ist unserer Redaktion bekannt. Wie auch gegenüber der Staatsanwaltschaft waren die Informanten jedoch nicht bereit, die darin enthaltenen Belege ebenfalls zu veröffentlichen. Eine finale Verifizierung der darin erhobenen Vorwürfe über eine Stichhaltigkeitsprüfung hinaus war unserer Redaktion daher nicht möglich. Wir weisen folglich ausdrücklich darauf hin, dass die dort genannten Vorwürfe sich als unzutreffend herausstellen könnten. Aufgrund des sehr hohen öffentlichen Interesses und der andauernden Diskussionen rund um die Ibiza-Affäre haben wir uns dennoch dazu entschieden, die Anzeige in Gänze zu veröffentlichen.

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