9 Fragen an die neuseeländische und finnische Ministerpräsidentin, die weniger sexistisch gewesen wären

Ein Reporter fragt die neuseeländische und finnische Ministerpräsidentin, ob sie sich nur treffen, weil sie so viel gemeinsam haben. Wow. Hier 9 Dinge, die er lieber hätte fragen sollen.
Das Gesicht der neuseeländischen Premierministerin Jacinda Ardern verzieht sich langsam, als der Reporter Joey Dwyer von Newstalk ZB ihr bei einer Pressekonferenz in Auckland (Neuseeland) eine Frage stellt, die er wohl sonst noch keinem Regierungschef gestellt hat. Er fragt sie, ob sie und die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin sich nur treffen würden, weil sie beide gleich alt sind und viele Gemeinsamkeiten haben, oder ob bei diesem Treffen auch wirklich etwas verhandelt werde.
Ardern reagiert schlagfertig (siehe Instagramvideo oben): „Ich frage mich, ob das jemand auch schon mal Barack Obama und John Key (neuseeländischer Ex-Premierminister) gefragt hat. Die waren ja auch gleich alt.“ Natürlich gebe es in der Politik mehr Männer, einen Umstand, auf den Annalena Baerbock mit einem Frauenpower-Selfie aufmerksam macht. „Das ist die Realität“, sagte Ardern. „Aber wenn sich zwei Frauen treffen, liegt das nicht einfach nur an ihrem Geschlecht“.
Sie lächelt den Reporter gequält an und zeigt, wie sehr es sie offenbar nervt, diese Frage beantworten zu müssen. Ihre finnische Kollegin Sanna Marin springt ein und sagt: „Wir treffen uns, weil wir Ministerpräsidentinnen sind – natürlich“. Außerdem hätten Neuseeland und Finnland ja einfach als Land viel gemeinsam. Darüber wolle man bei diesem gemeinsamen Treffen sprechen.
Premierministerin von Neuseeland und Finnland sprechen über Ukraine-Krieg, Klima und Menschenrechte
Die beiden Ministerpräsidentinnen, die laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) zwei der jüngsten Regierungschef:innen der Welt sind, trafen sich am Mittwoch, 30. November 2022, um über den Ukraine-Krieg, die Klimapolitik und der Kampf für Menschenrechte, Demokratie und Wirtschaftspolitik zu sprechen.
Auch die Gleichstellung der Geschlechter sollte Thema des Treffens zwischen der 37-jährigen Ministerpräsidentin Sanna Marin (Finnland) und der 42-jährigen Premierministerin Jacinda Ardern (Neuseeland) sein. Die sexistische Frage des neuseeländischen Reporters zeigt jedoch, dass es hier noch viel aufzuarbeiten gibt. Ganz ehrlich: Der Journalist hätte doch wirklich ALLES fragen können.
Wir sammeln neun Dinge, die zumindest weniger sexistisch gewesen wären, als „trefft ihr euch nur, weil ihr so viel gemeinsam habt?“.
1. Er hätte Sanna Marin fragen können, ob sie in Neuseeland schon Kiwis gesehen hat (also nicht die Früchte, sondern die Vögel). Wäre zwar auch Klischee pur, aber hey: immerhin nicht sexistisch.
2. Er hätte sie zum weiteren Vorgehen im Ukraine-Krieg fragen können.
Über diesen tauschten sie Sanna Marin und Jacinda Ardern nämlich ausführlich aus. Besonders lange habe man darüber gesprochen, dass dieser Krieg den Druck auf die Lebenshaltungskosten weltweit verschärft und die Inflation (die dieser Kassenzettel von 1996 zeigt) weiter vorantreibt. In einer Erklärung sagt Jacinda Ardern über das Treffen: „Wir beide fordern Russland auf, die illegale Besetzung sofort und bedingungslos zu beenden und seine Streitkräfte aus der Ukraine abzuziehen.“
3. Er hätte sie fragen können, was sie tun, um die Klimakrise zu bekämpfen.
Die Ministerpräsidentinnen trafen sich auch, um über Klimapolitik zu sprechen. Klar, denn die Klimakonferenz COP27 ging nicht weit genug, um den Planeten zu retten. Bei dem Treffen unterzeichneten beide laut Daily Finland eine weitreichende gemeinsame Erklärung, in der sie auch ihr gemeinsames Engagement zur Bekämpfung des Klimawandels und des Verlusts der biologischen Vielfalt sowie zum Schutz der antarktischen Umwelt bekräftigten.
4. Er hätte fragen können, wie es sich anfühlt, die erste finnische Premierministerin zu sein, die Neuseeland besucht.
Denn Sanna Marin ist tatsächlich die erste Regierungschefin aus Finnland, die dem Land am anderen Ende der Welt einen Staatsbesuch abstattet. Sie ist die dritte Frau von 46 Ministerpräsident:innen von Finnland. Annalena Baerbock ist als deutsche Außenministerin sogar die erste Frau in diesem Amt. Ein gutes Zeichen, denn Frauen verändern als Außenministerinnen gerade unsere Welt.
5. Er hätte fragen können, was es beim Dinner der beiden Premierministerinnen zum Essen gibt. Bei Biden und Macron soll es beim Staatsbankett im Weißen Haus am Donnerstagabend amerikanischen Käse geben. Super irrelevant, aber immer noch interessanter, als seine sexistische Frage.
6. Er hätte fragen können, was die Ministerpräsidentinnen tun, um die Menschen im Iran zu unterstützen.
Ardern und Marin begrüßten nämlich die Resolution des UN-Menschenrechtsrates, der eine Untersuchungskommission für den Iran einrichtete, um die Menschenrechtsverletzungen dort unabhängig zu untersuchen. Das EU-Parlament hat den Kontakt zum Iran bereits abgebrochen. „Ich mache mir derzeit auch Sorgen um die Situation im Iran. Die mutigen Frauen, die gegen die Gesetze und die Sicherheitslage von Frauen im Iran protestieren. Wir müssen diese Art von Problemen gemeinsam angehen“, sagte Marin laut Reuters nach dem gemeinsamen Treffen in Auckland.
7. Er hätte nach den Handelsbeziehungen zwischen Neuseeland und Finnland fragen können.
Denn diese war ein großes Thema beim Treffen der beiden Regierungschefinnen. In ihrer Erklärung schreibt Ardern, dass es ihr wichtig gewesen sei, über die Handelsbeziehungen von Neuseeland zu sprechen. Sie habe mit der finnischen Ministerpräsidentin über das neue Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union gesprochen und deren Zusage, dafür zu sorgen, dass das Abkommen „so bald wie möglich ratifiziert und unterzeichnet wird“.
8. Er hätte sie zu den demografischen Herausforderungen ihrer Länder etwas fragen können.
Als hoch entwickelte Volkswirtschaften und Wohlfahrtsstaaten stehen Finnland und Neuseeland laut Daily Finland auch vor ähnlichen gesellschaftlichen Herausforderungen. In beiden Ländern ist die Bevölkerung zu alt. Das schafft, ähnlich wie auch in Deutschland, wo deshalb über Rente mit 70 diskutiert wurde, finanzielle Probleme. Denn wer finanziert die alten Menschen, wer pflegt sie? Über diese gemeinsamen Sorgen tauschten sich Ardern und Marin bei ihrem Treffen ebenfalls aus.