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Schlesinger muss gehen: Ex-RBB-Chefin sieht sich als „Sündenbock“

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Von: Sandra Kathe, Tanja Koch

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Patricia Schlesinger
Patricia Schlesinger bei einem dpa-Interview. Nach ihrem Rücktritt berät der RBB über das weitere Vorgehen. © Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Die RBB-Geschäftsleitung gerät im Fall Patricia Schlesinger stärker unter Druck. Nun hat der Verwaltungsrat entschieden.

+++ 20.02 Uhr: Die vom Verwaltungsrat des RBB ausgesprochene fristlose Kündigung gegenüber der bisherigen Sender-Chefin Patricia Schlesinger hat auch finanzielle Folgen für die 61-Jährige. Wie RBB-Verwaltungsratsvorsitzende Dorette König mitteilte, erhalte Schlesinger keine Abfindung für die außerordentliche Kündigung. Auch Schlesingers Pensionsansprüche für die Zeit beim Rundfunk Berlin-Brandenburg blieben ihr verwehrt.

Nach seinem Treffen am Montag sprach sich der RBB-Verwaltungsrat außerdem für die Idee aus, einen Interims-Chef für den RBB einzusetzen, um sicherzustellen, dass eine unabhängige Aufarbeitung der Vorwürfe erfolgen könne. So sei man der Überzeugung, die geplante Strukturanalyse und Neuaufstellung könnten nur glaubwürdig durch externe Unterstützung gelingen. Dennoch habe der Verwaltungsrat die aktuelle RBB-Geschäftsleitung zunächst gebeten, ihre Aufgaben weiterzuführen, um die Stabilität der Arbeit im Sender sicherzustellen. Zur Geschäftsleitung gehören neben dem Intendanten auch mehrere Direktoren.

Schlesinger-Affäre: Verwaltungsrat spricht RBB-Chefin fristlose Kündigung aus

König bestätigte außerdem den Wunsch des Verwaltungsrats, dass Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter, der die Geschäfte von Schlesinger übernommen hat, Platz für einen Interims-Intendanten auf dem höchsten Senderposten macht. Den sofortigen Rücktritt von Schlesingers bisherigem Vizechef forderte der Rat nach dpa-Informationen jedoch nicht. Am Montag wurde bekannt, dass Brandstäter für mehrere Wochen krankgeschrieben worden sei.

Schlesinger äußert sich öffentlich nach wie vor nicht zu den Vorwürfen, ließ am Montagabend jedoch über ihren Anwalt mitteilen: „Ich bedaure diese Entscheidung, die offensichtlich politisch motiviert ist, um einen Sündenbock zu haben. Dieses Vorgehen ist durch die Faktenlage keinesfalls gedeckt.“ Dem Ergebnis der Untersuchungen sehe Schlesinger „zuversichtlich entgegen“.

Update von Montag, 22. August, 17.02 Uhr: Die massiv in die Kritik geratene und abberufene Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, wird fristlos entlassen. Diese Entscheidung teilte die amtierende Verwaltungsratsvorsitzende des öffentlich-rechtlichen ARD-Senders, Dorette König, am Montag nach einer Sitzung des Rats in Berlin mit.

Skandal um Ex-RBB-Chefin Schlesinger: Verwaltungsrat entscheidet am Montag

Erstmeldung von Montag, 22. August: Berlin – Vor einer Woche hat der Rundfunkrat des öffentlich-rechtlichen RBB Patricia Schlesinger als Intendantin abberufen. Formal leitete dies die Vertragsauflösung in die Wege. Unter steigendem Druck auf die RBB-Geschäftsleitung will der Verwaltungsrat des Senders nun am Montagnachmittag (22. August) um 14.30 Uhr über die Auflösung des Vertrages von Patricia Schlesinger beraten. In der Sitzung des Kontrollgremiums in Berlin soll es auch um eine mögliche Abfindung für die abberufene Intendantin und die Frage von Pensionsansprüchen gehen.

Die 61-Jährige steht wegen Vorwürfen von Vetternwirtschaft und Filz massiv in der Kritik, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Politiker unterschiedlicher Parteien haben bereits die fristlose Kündigung Schlesingers gefordert, die vor einer Woche vom Rundfunkrat – dem zweiten Kontrollgremium – abberufen worden war.

Schlesinger-Affäre: Sofortiger Rücktritt der Senderspitze gefordert

Die Verwaltungsratssitzung kommt in einem Moment, in dem sich die Spitze des öffentlich-rechtlichen Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) höchstem Druck ausgesetzt sieht. Die anderen ARD-Intendanten haben der verbliebenen Führung um den geschäftsführenden Intendanten Hagen Brandstäter das Misstrauen ausgesprochen. Das Vertrauen in eine transparente und vollständige Aufklärung sei verloren gegangen, hieß es am Wochenende in einem beispiellosen Vorstoß der Intendanten der Sendergemeinschaft.

Der Redaktionsausschuss des RBB – die Interessensvertretung der Redakteurinnen und Redakteure – ging kurz danach einen Schritt weiter und forderte den sofortigen Rücktritt der Senderspitze. Am Wochenende reagierte die RBB-Führung nicht darauf.

Sondersitzung zur Affäre Schlesinger: Weitere Treffen geplant

Interessant wird in den nächsten Tagen auch das weitere Vorgehen des Rundfunkrats sein. Die Vorsitzende Friederike von Kirchbach trat am Samstag zurück. Am Donnerstag (16.00 Uhr) wird es nach dpa-Informationen eine weitere Sondersitzung geben.

Schlesinger sieht sich seit Ende Juni durch Berichte vor allem des Online-Mediums „Business Insider“ zahlreichen Vorwürfen ausgesetzt. Sie war seit Jahresbeginn ARD-Vorsitzende und seit 2016 RBB-Intendantin. Beide Ämter hat sie inzwischen abgegeben.

Schlesinger-Affäre: Worum sich die Vorwürfe konkret drehen

Im Zentrum der Vorwürfe steht neben der abberufenen Intendantin auch der zurückgetretene RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf. Beide wiesen Vorwürfe zurück. Es geht um umstrittene Beraterverträge für ein RBB-Bauprojekt, um Abstimmungen zwischen beiden zum Gehalt und Boni für Schlesinger. Und um Aufträge für den Ehemann und Ex-“Spiegel“-Journalisten Gerhard Spörl bei der Messe Berlin – wo Wolf bis vor kurzem in Personalunion auch Chefaufseher war.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen die drei wegen Untreue und Vorteilsannahme. Es gilt die Unschuldsvermutung. Es läuft zudem eine externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei.

Diskussion um Schlesinger-Gehaltserhöhung und umstrittenes Bonus-System

Die Debatte in der Öffentlichkeit dreht sich auch um fehlendes Fingerspitzengefühl und Moral. Es geht bei den Vorwürfen zudem um Details wie Abendessen in der Privatwohnung Schlesingers auf RBB-Kosten, Reisen, Massagesitze in einem teuren Dienstwagen und eine grüne Pflanzenwand in der Chefetage - das alles in einem notorisch klammen Sender mit der schlechtesten ARD-Quote im Programm.

Das umstrittene Bonus-System für RBB-Führungskräfte, das erst auf öffentlichen und internen Druck hin bekannt wurde, versetzte besonders viele in Rage. Schlesinger bekam zudem eine kräftige Gehaltserhöhung um 16 Prozent auf 303.000 Euro. Vor Tagen noch wollte der geschäftsführende Intendant Hagen Brandstäter im brandenburgischen Landtag keine Zahlen nennen, wie viel Bonus er und die Führungsriege erhalten – zum Beispiel Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus, Betriebsdirektor Christoph Augenstein und die Juristische Direktorin Susann Lange.

Kurz darauf versuchte es die Führung dann mit einer kleinen Rolle vorwärts und legte die Gehälter samt Boni offen – Schlesingers Zahlen allerdings nicht. Man wolle dieses Jahr auch keine Boni und wolle darauf hinwirken, dass das System, das es sonst in der ARD nicht gibt, eingestampft werde, sagte Brandstäter laut dpa.

Die Aufstellung auf der ARD-Website zeigte, dass sich die Gehälter für Intendantinnen und Intendanten innerhalb der Rundfunkanstalten stark voneinander unterscheiden. (tk mit dpa)

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